Queerness hier und dort

Von Hamdi Hassan · · 2023/Jul-Aug
Gedanken von Welt

In Somalia können sich queere Menschen nicht outen. In Österreich leben sie freier, aber in der eigenen somalischen Community haben sie es dennoch schwer.

In den vergangenen Wochen wurde wie jeden Juni viel über LGBTIQ+-Themen geredet. In meinem Heimatland Somalia gibt es nur ein Wort in diesem Kontext: „gay“, also homosexuell. Aber man redet nicht darüber. Diejenigen, die homosexuell sind, outen sich nicht. Denn queer zu sein wird sowohl in religiöser als auch in gesellschaftlicher und rechtlicher Hinsicht bestraft. In Somalia kannte ich keine einzige Person, die sich selbst als gay bezeichnete.

Dann kam ich nach Österreich, und als Somali-Deutsch-Übersetzerin saß ich eines Tages einer Person gegenüber, die der Beraterin einer NGO ihre Fluchtgründe erklären sollte. Diese Person zitterte, als sie erzählte, warum sie Somalia verlassen hatte: Sie wäre verheiratet worden – um ihre sexuelle Orientierung zu vertuschen. Das Wort „gay“ vermied diese Person in ihrer Erzählung. Das hatte auch mit meiner Anwesenheit zu tun. Sie wollte es vermutlich vor einer Somalierin nicht aussprechen.

Die meisten Somalis, die in Österreich leben, bleiben in ihren Einstellungen, was LGBTIQ+-Themen betrifft, sehr konservativ. Viele queere Menschen, die hierher kommen, schaffen es bald, offener zu leben als es in Somalia je möglich wäre. Ich bin mit einigen davon eng befreundet. Wenn mich konservative Leute darauf ansprechen, frage ich sie, wie sie es wagen können, über die Sexualität anderer zu sprechen.

Als meine Kinder nach Österreich kamen, habe ich ihnen erklärt, was LGBTIQ+ ist. Das war für sie, wie meist für Kids, kein großes Thema. Und das gibt mir Hoffnung, dass Queerness in ihrer Generation und in nachfolgenden nicht mehr als Problem gesehen wird.

Was mir in Wien aktuell Sorgen macht, ist das drohende Aus einer wichtigen Initiative, die im WUK residiert: Das Kommunikationszentrum für Frauen, Lesben, Migrantinnen und Mädchen (FZ) könnte durch die Politik der Stadt Wien und des WUK bald schließen.

Das FZ ist für viele Frauen in unsicheren Situationen ein sicherer Ort, auch für mich war es das bereits.

Bitte informieren Sie sich auf frauenlesbenzentrum-wien.at und unterstützen Sie die Aktionen, damit es nicht verschwindet!

Hamdi Hassan ist freie Journalistin sowie Dolmetscherin/Übersetzerin bei verschiedenen Organisationen. Sie kommt aus Somalia und lebt seit ca. sieben Jahren in Österreich.

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